Dr. Silvia Schmitt-Maaß: Verwissenschaftlichung und Ästhetisierung frühneuzeitlicher Pflanzenbilder im 18. Jahrhundert

Vortrag von Dr. Silvia Schmitt-Maaß (Marburg) im Rahmen des Kolloquiums "Neue Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte"

Antoine de Jussieu (1686-1758) hat als Professor für Botanik die königlichen Gärten in Paris erheblich erweitert. Obwohl er zu Lebzeiten nur wenig publizierte, galt er als äußerst einflussreich. Jussieu rezipierte auch ein spätmittalterliches Werk mit Pflanzenbildern, das insbesondere im Focus kunsthistorischer Forschungen besprochen wird: das Stundenbuch der Anne de Bretagne mit Darstellungen des Hofmalers Jean Bourdichon (1457–1521), entstanden in den Jahren 1503 bis 1508. Anhand dieses Fallbeispiels wird die wissenschaftshistorische Auseinandersetzung mit Pflanzenbildern um eine kunsthistorische Betrachtung erweitert, indem jene Sammlungen des 18. Jahrhunderts mit frühneuzeitlichen Pflanzenbildern in den Blick genommen werden, mit denen Botaniker des 18. Jahrhunderts operierten, gleichwohl diese Orte der Aufbewahrung und die dort deponierten Bilder nicht den etablierten Standards jener Zeit entsprochen haben. Jene in höfischen Kabinetten oder aus Nachlässen, Ankäufen oder Schenkungen zusammengetragenen Privatsammlungen und Bibliotheken ähnelten vielmehr Wissenskompilationen vergangener Jahrhunderte. Die Betrachtung erhellt zudem: die Rezeption der Pflanzenbilder konnte - nicht nur im höfischen oder universitären Umfeld - durch weitere Umstände bedingt sein, die den Umgang mit den Bildern oder mit bestimmten, ihnen entlehnten Bildbestandteilen als Zitaten oder Verweisen erforderlich machten. In jedem Falle hatte die Praxis des Sammelns in erheblichem Maße auf die Praxis der wissenschaftlichen Pflanzendarstellung im Zeitalter der Aufklärung eingewirkt. Der Vortrag zeichnet die Ästhetisierung und/oder Verwissenschaftlichung von frühneuzeitlichen Pflanzenbildern im 18. Jahrhundert nach.

wann? 24.01.2013 / 16.00 - 18.00 c.t.
wo? Historicum, Schellingstr.12, Raum 022