Susanne Thürigen (München): Il gran volume dell’Universo
Astronomische Tischuhren in Buchform
14.12.2017
wann: Donnerstag, 14. Dezember 2017, 16-18 Uhr s.t. (Achtung: Sitzung findet ausnahmsweise s.t. statt!)
wo: Historicum, Schellingstr. 12, Raum K026
Vortrag im Rahmen des Oberseminars "Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte"
Im späten 16. Jahrhundert befand sich die Uhrmacherkunst in süddeutschen Städten unzweifelhaft auf einem nie gesehenen Höhepunkt. Mit dem Markt für astronomische Tischuhren vergrößerte sich auch die Vielfalt ihrer goldglänzenden Gehäuse. Auffällig ist, dass sich viele dieser Uhrengehäuse die Formen wertvoller Gegenstände des Alltags aneigneten – Objekte, die bereits in finanzkräftigen Haushalten anzutreffen waren, wie Spiegel, Bücher oder Vasen. Im Gegensatz dazu waren die Tischuhren selbst noch immer neue Objekte im frühneuzeitlichen Interieur.
Dieser Vortrag geht diesem Übertragungsvorgang als einer sehr gebräuchlichen Technik der Gestaltung von Objekten nach. Ich werde herausarbeiten, welche materiellen und symbolischen Eigenschaften von einem Objekt auf ein anderes übertragen wurden, und warum. Dazu frage ich, wie damit die Wahrnehmung von und Praxis mit diesen neu erfundenen Objekten geformt wird. Als Fallstudie stelle ich eine Gruppe frühneuzeitlicher Tischuhren in Buchform vor, die einerseits im Zusammenhang mit reformierten Frömmigkeitspraktiken stehen konnten und eine Schnittstelle zwischen Naturforschung, Kontemplation und Gebet bildeten; andererseits machten sich die Uhrmacher die Form auch zunutze, um technische Virtuosität zu behaupten.