Wissenschaftsgeschichte
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Christian Joas (Kopenhagen)

Die andere „Kopenhagener Schule“: Kernstrukturphysik und Wissenstransfer in Kopenhagen, ca. 1950–1975

11.02.2021 16:00 Uhr – 18:00 Uhr

Ort: Onlinesitzung (via Zoom)

Interessierte Gäste sind herzlich eingeladen!

ACHTUNG: Begleitend zu den Zoom-Sitzungen werden in unserem Moodlekurs Texte sowie asynchrone Präsentationen bereitgestellt. Für die Teilnahme am Oberseminar ist daher die Anmeldung in LMU Moodle erforderlich.
Den Einschreibeschlüssel für den Moodlekurs sowie den Zoomlink erhalten Sie per Mail an: wg@lrz.uni-muenchen.de

 

Die andere „Kopenhagener Schule“: Kernstrukturphysik und Wissenstransfer in Kopenhagen, ca. 1950–1975

Als 1952 der Versuch Niels Bohrs endgültig scheiterte, das europäische Kernforschungszentrum CERN statt nach Genf nach Kopenhagen zu holen, erschien es fraglich, ob Bohrs Institut jemals wieder zur Vorkriegsrolle als wichtiges Zentrum der Physik zurückfinden würde. Die geräteintensive Forschung in Kern- und Teilchenphysik fand längst nicht mehr hauptsächlich in Europa, sondern zunehmend in den USA und in der UdSSR statt. Dennoch war Bohr, an dessen Institut in den 1920er und 1930er Jahren zahlreiche Forscher aus aller Welt in engem Austausch grundlegende Beiträge zur Atom- und Quantenphysik sowie zur entstehenden Kernphysik geleistet hatten, weiterhin bestens vernetzt, und Bohrs Schüler saßen weltweit in wichtigen Positionen. Es war Bohrs Sohn Aage Bohr, dem es mit Unterstützung des Vaters gelang, Kopenhagen erneut zu einem Zentrum aktueller Physik zu machen, und zwar auf dem Gebiet der niederenergetischen Kernstrukturphysik, welche auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln betrieben werden konnte. Aage Bohrs „Kopenhagener Schule der Kernphysik“ (Gerald E. Brown) machte Kopenhagen zu einem zentralen Ort des Wissenstransfers innerhalb der Nachkriegsphysik und wies interessante Parallelen zur berühmten Schule des Vaters auf, die ich in meinem Vortrag näher untersuchen will: Forscher aus West und Ost strömten nach Kopenhagen und arbeiteten dort in engem Austausch miteinander; empirische Daten zur Kernstruktur aus aller Welt wurden in Kopenhagen gesammelt, systematisiert und theoretisch gedeutet; und neue theoretische Ansätze aus so unterschiedlichen Gebieten wie der Atom-, Kern-, Teilchen- und Festkörperphysik wurden zusammengeführt und für eine neue Beschreibung des Atomkerns als Vielteilchensystem nutzbar gemacht, die Aage Bohr 1975 zusammen mit Ben Mottelson und James Rainwater den Nobelpreis für Physik einbrachte.


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